Header
Die Geschichte von Biebrich

Mit rund 37.000 Einwohnern ist Biebrich heute der bevölkerungsreichste Stadtteil der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden. Zahlreiche vor- und frühgeschichtliche Funde dokumentieren, dass hier seit Jahrtausenden ununterbrochen Menschen gesiedelt haben.

Bereits in der Jungsteinzeit gab es aufgrund der günstigen Lage am Rhein und der fruchtbaren Böden die ersten Siedlungen auf dem Gebiet des heutigen Biebrichs. In der Römerzeit diente die Gegend als Vorposten der Römer gegen die Germanen auf dem rechtsrheinischen Gebiet. Es folgten die Alemannen und Franken.

Ab Beginn der Herrschaft Karls des Großen gehörten die Orte Biburc (Biebrich) und Moskebach (Mosbach) zum Königssondergau Wiesbaden, den der fränkische König als sein persönliches Eigentum betrachtete. Im Jahre 874 wurde Biebrich (als Biburg) erstmals urkundlich erwähnt: König Ludwig der Deutsche und sein Gefolge bestiegen hier auf der Reise von Frankfurt nach Aachen die Schiffe.

In den folgenden Jahrhunderten gab es eine Reihe von Schenkungen an Kirche und Adel. Neben den Klöstern Selz im Elsaß, Eberbach im Rheingau und Klarenthal bei Wiesbaden beeinflussten zunehmend die Grafen von Nassau und andere Adelsfamilien die Entwicklung Biebrichs und Mosbachs. Den Grafen von Nassau kam dabei das ihnen zustehende Fährrecht über den Rhein zugute.

Nach den Schrecken des Dreißigjährigen Krieges nahmen die Besitztümer der Landesherren und damit auch deren Macht stetig zu. Im Zeitalter des Barock wollten die Herrscher diese Machtsteigerung und zunehmende Unabhängigkeit durch Repräsentationsbauten demonstrieren - aufgrund seiner schönen Lage am Rhein bot sich Biebrich als Residenzstandort an. Anfang des 18. Jahrhunderts ließen die Fürsten von Nassau in mehreren Abschnitten ein dreiflügeliges Barockschloss errichten, das Biebricher Schloss. Als dieser Prachtbau im Jahre 1744 fertiggestellt war, verlegte der Fürst von Nassau-Usingen seine Residenz aus dem hinteren Taunus nach Biebrich. Bis zur Fertigstellung des Stadtschlosses in Wiesbaden im Jahre 1841 war Biebrich damit Hauptresidenz der nassauischen Fürsten und Herzöge. Durch diesen Wandel vom Rheinfischer- und Schifferdorf zur Residenzstadt erfolgte ein erster deutlicher Aufschwung Biebrichs.

Das Biebricher Schloss (Oktober 2005)
Gedenkstein am Biebricher Rheinufer (September 2007)
Gedenkstein am Biebricher Rheinufer (September 2007)

Während im damals noch ländlich geprägten Wiesbaden ab Anfang des 19. Jahrhunderts ein immenser städtebaulicher Aufschwung erfolgte (insbesondere durch die Verlegung der herzoglichen Residenz in das Stadtschloss und der Steigerung des Kurbetriebs), veränderte sich Biebrich jedoch erst einige Jahrzehnte später mit Beginn der Industrialisierung entscheidend: Am Rheinufer (vor allem an der Grenze zu und in Amöneburg) entstanden mehrere große Industriewerke. Ende des 19. Jahrhunderts war Biebrich neben Höchst am Main der größte Industriestandort im Rhein-Main-Gebiet. Durch den damit verbundenen explosionsartigen Bevölkerungsanstieg wuchsen die beiden Gemeinden Biebrich und Mosbach räumlich zusammen und schlossen sich im Jahre 1882 auch offiziell zur Stadt Biebrich-Mosbach zusammen. Symbolisch wurde das neue Rathaus der Doppelgemeinde genau auf der einstigen Gemarkungsgrenze errichtet. Aufgrund der zunehmend dominierenden Stellung Biebrichs verschwand der Namensbestandteil Mosbach jedoch schon wenig später sowohl aus dem Sprachgebrauch als auch aus der Stadtbezeichnung.

Das Biebricher Schloss (Oktober 2005)

Auch nach der Annexion des Herzogtums Nassau durch das Königreich Preußen setzte sich das starke Bevölkerungswachstum in Biebrich fort. Allerdings zeigten sich bereits jetzt erste wirtschaftliche Probleme - die Soziallasten für die Arbeiter stiegen stark an, während sich die großen Industriebetriebe teilweise außerhalb Biebrichs (in Amöneburg) befanden, so dass deren Steuerzahlungen zu einem nicht unerheblichen Teil nicht nach Biebrich flossen. Aufgrund dessen begann bereits Ende des 19. Jahrhunderts eine mehrere Jahrzehnte andauernde Diskussion über die Eingemeindung Biebrichs nach Wiesbaden. Nachdem Biebrich und Wiesbaden auch baulich zusammengewachsen waren und sich die finanziellen Probleme Biebrichs auch durch den Ersten Weltkrieg verstärkt hatten, erfolgte im Jahre 1926 die Eingemeindung Biebrichs nach Wiesbaden.

Ortseingangsschild an der Biebricher Allee (August 2007)
Ortseingangsschild an der Biebricher Allee (August 2007)

In der Zeit des Nationalsozialismus kam es auch in Biebrich zu der Verfolgung Andersdenkender und der Deportation von Juden. In der Reichspogromnacht wurde die im Jahre 1830 errichtete Synagoge zerstört.

Nach dem Zweiten Weltkrieg mussten zunächst die Kriegszerstörungen beseitigt und eine Vielzahl von Vertriebenen aufgenommen werden. Vor allem in den Jahren des Wirtschaftswunders dehnte sich Biebrich baulich weiter aus und zahlreiche Arbeitsmigranten kamen nach Biebrich (der Ausländeranteil liegt heute bei über 21 %). In den letzten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts verschlechterte sich auch in Biebrich die wirtschaftliche Lage spürbar, insbesondere in den Unternehmen am Rhein erfolgte ein massiver Abbau von Arbeitsplätzen.

Heute ist Biebrich ein lebendiger Stadtteil mit einer ausgezeichneten Infrastruktur. Die Lage am Rhein, das breite gastronomische Angebot sowie die vielen Dienstleistungsangebote und Einkaufsmöglichkeiten machen Biebrich zu einem attraktiven Wohnort.