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Die Oranier-Gedächtnis-Kirche
Blick von der Rettbergsaue auf die Oranier-Gedächtnis-Kirche (September 2007)
Blick von der Rettbergsaue auf die Oranier-Gedächtnis-Kirche (September 2007)

Die eindrucksvolle evangelische Kirche aus rotem Sandstein wurde im Jahre 1905 durch den Karlsruher Architekten Karl von Loehr im neugotischen Stil fertiggestellt.

Ende des 19. Jahrhunderts führte die stark zunehmende Industrialisierung in Biebrich zu einem explosionsartigen Bevölkerungsanstieg. Dadurch reichte die evangelische Hauptkirche für die protestantische Gemeinde bald nicht mehr aus, so dass die Kirchengemeindevertretung beschloss, eine zweite evangelische Kirche zu errichten. Kaiser Wilhelm II. höchstpersönlich genehmigte im Jahre 1899 den Bau und überließ der Gemeinde ein wertvolles Grundstück an der Böschung zum Rhein zu einem symbolischen Kaufpreis. Die Grundsteinlegung fand im Jahre 1902 statt. Die eigentlichen Bauarbeiten dauerten drei Jahre - vor allem die Unerfahrenheit des Architekten Karl von Loehr, der damals gerade einmal 27 Jahre alt war, verzögerte den Baufortschritt. Kurz nach der Kirchweihe 1905 besuchte Kaiser Wilhelm II. die Oranier-Gedächtnis-Kirche.

Im Zweiten Weltkrieg wurde die Kirche so stark beschädigt, dass sogar ein Abriss in Erwägung gezogen wurde. Glücklicherweise entschloss man sich aber zum Wiederaufbau, der schon in den ersten Nachkriegsjahren erfolgte. Im Jahre 1973 wurde die Oranier-Gedächtnis-Kirche aufwändig renoviert und um die Jahrtausendwende erfolgte eine umfassende Sanierung der Fassade.

Die Oranier-Gedächtnis-Kirche (August 2007)
Die Oranier-Gedächtnis-Kirche (August 2007)
Die Eingangsportale der Oranier-Gedächtnis-Kirche (März 2008)
Die Eingangsportale der Oranier-Gedächtnis-Kirche (März 2008)

Der im neugotischen Stil errichtete Kirchenbau thront wie eine Gottesburg auf einer Böschung am Rheinufer. Es handelt sich um eine einschiffige Hallenkirche mit angedeuteten Seitenschiffen und Querschiff. Der hohe, wehrhaft wirkende Turm ist asymmetrisch angeordnet. Es gibt eine Vorhalle mit zwei Portalen.

Im Inneren der Oranier-Gedächtnis-Kirche (September 2007)
Im Inneren der Oranier-Gedächtnis-Kirche (September 2007)

Der Innenraum der Oranier-Gedächtnis-Kirche wird von einem Netzgewölbe überdacht und weist 750 Sitzplätze auf. Er entspricht dem so genannten Wiesbadener Programm (Einheit von Altar, Kanzel und Orgel an zentraler Stelle). Die farbliche Gestaltung in Weiß und Gelb mit vergoldeten Blattkapitellen hat die opulente schmückende Ausmalung, die durch die Verwüstungen im Zweiten Weltkrieg verloren gegangen ist, abgelöst.

Auf einen Chorausbau hat der Architekt verzichtet und statt dessen hier die Orgel untergebracht. Es handelt sich um eine historische Walcker-Orgel aus dem Jahre 1905. Regelmäßig stattfindende Orgelkonzerte erfreuen Besucher aus nah und fern.

Die beiden rund jeweils 36 qm großen Seitenfenster stammen von der Künstlerin Margret Thomann-Hegner und befinden sich seit 1967 in der Oranier-Gedächtnis-Kirche. Sie zeigen Jesus Christus vor Pilatus und das Pfingstereignis (Herabkunft des Heiligen Geistes).

Das Seitenfenster "Pfingstereignis" im Inneren der Oranier-Gedächtnis-Kirche (September 2007)
Das Seitenfenster "Pfingstereignis" im Inneren der Oranier-Gedächtnis-Kirche (September 2007)

Mit ihrem Namen soll die Oranier-Gedächtnis-Kirche übrigens an Wilhelm von Oranien (auch bekannt als Wilhelm der Schweiger) erinnern, der der Vorkämpfer des Protestantismus und der niederländischen Unabhängigkeit gegen die katholischen Spanier war. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist die Toleranz, die Kaiser Wilhelm II. bei der Genehmigung und Förderung des Kirchenbaus gezeigt hat - gedacht wird schließlich eines Gegners Preußens (des Herzogtums Nassau) im Deutschen Krieg von 1866.