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Der Biebricher Schlosspark hat im Wandel seiner 300-jährigen Geschichte zahlreiche und grundlegende Umgestaltungen erfahren. Maßgeblichen Einfluss hatte dabei das sich verändernde Selbstverständnis und Weltbild der Herrscher vom Zeitalter des Absolutismus zum Zeitalter der Aufklärung. Das heutige Erscheinungsbild des Parks hat nicht mehr viel mit der ursprünglichen Gartenanlage gemein. Bevor ein Rundgang durch den Park beschrieben wird, soll daher kurz dessen Geschichte skizziert werden.

Blick über den Biebricher Schlosspark auf das Biebricher Schloss (Mai 2005)
Der Biebricher Schlosspark
Blick über den Biebricher Schlosspark auf das Biebricher Schloss (Mai 2005)

Anfang des 18. Jahrhunderts ließ Fürst Georg August Samuel von Nassau-Idstein am Rheinufer in Biebrich einen kleinen Lustgarten anlegen. Als er den Barockarchitekten Johann Maximilan von Welsch mit dem Bau des Lustschlosses beauftragte, legte dieser ab dem Jahre 1708 auf der Rückseite des Schlosses auch einen symmetrisch ausgerichteten Barockgarten an. Auf der gegenüberliegenden Seite des Schlosses wurde das Gartenrechteck von einer halbrunden repräsentativen Orangerie begrenzt. Von deren Rückseite verlief eine Kastanienallee nach Norden in Richtung Wiesbaden, die noch heute erhaltene so genannte Dicke Allee. Fürst Karl von Nassau-Usingen ließ im Jahre 1738 die Orangerie abbrechen, um den Garten nach Norden hin zu erweitern. Der ursprüngliche Barockgarten war damit vollendet.

In der Folgezeit treten häufiger naturhafte Elemente der Gartengestaltung in den Vordergrund. Herzog Friedrich August von Nassau ließ Anfang des 19. Jahrhunderts die Mosburg (dazu unten mehr) umgestalten. Das Jahr 1817 markiert einen großen Einschnitt in der Geschichte des Biebricher Schlossparks: Herzog Wilhelm von Nassau beauftragte den bekannten Gartenarchitekten Friedrich Ludwig von Sckell, den Garten in einen Englischen Landschaftspark umzuwandeln. Friedrich Ludwig von Sckell hatte zu diesem Zeitpunkt bereits u.a. den Schwetzinger Landschaftsgarten, den Garten von Nymphenburg sowie den Englischen Garten in München geschaffen. Ein Englischer Landschaftspark zeichnet sich durch eine Abkehr von der Formstrenge barocker Gärten hin zu einer möglichst ursprünglich wirkenden Naturlandschaft aus.

Herzog Adolph von Nassau ließ Mitte des 19. Jahrhunderts eine repräsentative Gewächshausanlage errichten. Nachdem er jedoch nach der Annexion des Herzogtums Nassau durch das Königreich Preußen ins Exil gehen musste, verkaufte er diese Gewächshäuser mit dem sehr wertvollen Pflanzenbestand an die Frankfurter Palmengartengesellschaft. In der Folgezeit verschlechterte sich der Zustand des Biebricher Schlossparks zusehends. Erst seit 1982 erfolgt eine behutsame Wiederherstellung der Parkanlage im Sinne der Denkmalpflege.

Unseren Rundgang durch den Biebricher Schlosspark starten wir vom Ehrenhof des Biebricher Schlosses aus. Hier zwischen den drei Schlossflügeln sind noch Züge des einstigen Barockgartens erhalten (geometrisch angelegte Blumenbeete, Vasen, Kaskadenbrunnen).

Der Ehrenhof des Biebricher Schlosses mit dem westlichen Kaskadenbrunnen (August 2007)
Der Ehrenhof des Biebricher Schlosses mit dem westlichen Kaskadenbrunnen (August 2007)
Barockes Detail im Ehrenhof des Biebricher Schlosses (August 2007)
Barockes Detail im Ehrenhof des Biebricher Schlosses (August 2007)
Barocke Details (August 2007) ...
... im Ehrenhof des Biebricher Schlosses (August 2007)

An dieser Stelle befindet sich auch eine imposante, vor rund 150 Jahren gepflanzte Hängebuche. Wegen ihrer besonderen Form wird diese Art der Buche auch Trauerbuche genannt - angeblich sollen Biebricher Bürger diese Hängebuche im Jahre 1866 aus Trauer über die Exilierung von Herzog Adolph von Nassau gepflanzt haben.

Die Hängebuche im Ehrenhof des Biebricher Schlosses (August 2007)
Die Hängebuche im Ehrenhof des Biebricher Schlosses (August 2007)
Die Große Fontäne im Biebricher Schlosspark (August 2007)
Die Große Fontäne im Biebricher Schlosspark (August 2007)

Von hier aus kann man Richtung Norden auch die Große Fontäne sehen, die ebenfalls zum einstigen Barockgarten gehörte und später in den Englischen Landschaftspark einbezogen wurde.

Gleiches gilt für die Kleine Westallee und die Kleine Ostallee. Beide Kastanienalleen führen als Verlängerung der Flügelbauten vom Ehrenhof des Biebricher Schlosses Richtung Norden. Wir entscheiden uns für die Kleine Ostallee und stoßen nach Überquerung des Mosbachs auf die Dicke Allee. Dieser von Kastanien gesäumte Weg wurde bereits im Jahre 1712 als Verbindungsweg zwischen dem Biebricher Schloss und der Mosburg angelegt. Auch diese Allee wurde im Rahmen der Parkumgestaltung unverändert in den Englischen Landschaftspark integriert. Am Ende der Dicken Allee stoßen wir auf den künstlich angelegten Mosburgweiher mit der Mosburg, der Hauptsehenswürdigkeit des Biebricher Schlossparks.

Die Mosburg und der Mosburgweiher im Biebricher Schlosspark (Juli 2007)
Die Mosburg und der Mosburgweiher im Biebricher Schlosspark (Juli 2007)
Die Mosburg im Biebricher Schlosspark (Oktober 2007)

Anfang des 19. Jahrhunderts - mitten in der kulturgeschichtlichen Epoche der Romantik - erwarb Herzog Friedrich August von Nassau weiteren Grundbesitz zur Erweiterung des Parks, darunter auch die Ruinen einer ehemaligen Wasserburg aus dem 13. Jahrhundert. Mit Ringmauer, Ecktürmen und Zugbrücke entsprach sie dem Ideal der Vorstellung einer mittelalterlichen Burg. Der Herzog beauftragte den Hofbaudirektor Georg Carl Florian Goetz mit dem Bau einer romantischen Wohnburg auf deren Fundamenten. Dieser erzeugte den Eindruck einer mittelalterlichen Burg u.a. durch die Verwendung von Abbruchmaterial der mittelalterlichen Liebfrauenkirche in Mainz. In der Folgezeit diente die Scheinruine, die einen deutlichen Kontrastpunkt zum barocken Schloss markiert, den Herzögen von Nassau als Refugium. Im Zweiten Weltkrieg wurde aus der künstlichen Ruine eine tatsächliche Ruine. Die Mosburg ist schon seit Jahrzehnten nicht mehr für die Öffentlichkeit zugänglich. Es ist aber geplant, das Gebäude nach erfolgter Sanierung in naher Zukunft wieder für die Bevölkerung freizugeben.

Die Mosburg im Biebricher Schlosspark (Oktober 2007)
Das nördliche Eingangstor des Biebricher Schlossparks (August 2007)

Von hier sind es nur wenige Schritte zum nördlichen Eingangstor, das den Biebricher Schlosspark in diese Richtung begrenzt.

Das nördliche Eingangstor des Biebricher Schlossparks (August 2007)

Fast 1.200 m beträgt die Längsausdehnung des Biebricher Schlossparks. Für den Rückweg wählen wir die westliche Seite des Parks. Dabei fallen in der Nähe des Mosburgweihers einige kleine Hügel auf. Dabei handelt es sich um das Aushubmaterial, welches bei der Schaffung des Weihers angefallen ist und durch den Gartenarchitekten Friedrich Ludwig von Sckell zu einer natürlich wirkenden Hügellandschaft geformt wurde. Von dieser Seite des Mosburgweihers genießt man einen besonders malerischen Blick auf die Mosburg: Die von Trauerweiden flankierte Kulisse mit dem weiträumigen Weiher, der Mosburg und dem Turm der ehemaligen Mosbacher Kirche wirkt wie ein großes Landschaftsgemälde.

Die Mosburg und der Mosburgweiher im Biebricher Schlosspark (Juli 2007)
Die Mosburg und der Mosburgweiher im Biebricher Schlosspark (Juli 2007)

Richtung Schloss führt auf dieser Seite des Biebricher Schlossparks der Nachtigallenweg an der Seite eines künstlichen Bachlaufs. Auf halber Höhe führt rechts ein kleiner Weg zur Orangerie. Diese stammt aus der Mitte des 19. Jahrhunderts und wird noch heute im Winter zur Unterstellung von frostempfindlichen Kübelpflanzen genutzt.

Die Orangerie im Biebricher Schlosspark (September 2007)
Die Orangerie im Biebricher Schlosspark (September 2007)

Wenige Schritte weiter befindet sich entlang der westlichen Parkmauer der Pomologische Garten. Dieser Obstgarten wurde erst vor wenigen Jahren wiederhergestellt.

Der Pomologische Garten im Biebricher Schlosspark (September 2007)
Der Pomologische Garten im Biebricher Schlosspark (September 2007)

Wir gehen zurück zum Nachtigallenweg und stoßen nach ein paar Metern auf eine mächtige Platane. Von dem hier nach links verlaufenden Querweg sollte man einen Blick Richtung Norden werfen: Friedrich Ludwig von Sckell legte in der Mitte des Parks eine markante Sichtachse in Längsrichtung an. Das so genannte Wiesental durchschneidet den Park weitläufig vom Schloss bis zum Mosburgweiher und weist eine in geschwungener Linie geformte Randbepflanzung auf.

Das Wiesental im Biebricher Schlosspark (Oktober 2007)
Das Wiesental im Biebricher Schlosspark (Oktober 2007)

Über die Kleine Westallee kommen wir zurück zu unserem Ausgangspunkt. Dabei hat man rechter Hand einen Blick auf den Turnierplatz - seit 1949 findet im Schlosspark jährlich das Internationale Wiesbadener Pfingstturnier statt. Spitzensport, edler Glanz und jede Menge Unterhaltung - über die Pfingsttage steht Wiesbaden ganz im Zeichen des internationalen Pferdesports mit dem Biebricher Schlosspark als Mittelpunkt.

Papageien im Biebricher Schlosspark (November 2007)
Papageien im Biebricher Schlosspark (November 2007)

Abschließend sei noch auf ein Kuriosum hingewiesen, das die Besucher des Parks lautstark auf sich aufmerksam macht: Seit mehreren Jahrzehnten bevölkern Halsband- und Alexandersittiche den Biebricher Schlosspark. Mehrere Hundert dieser überwiegend grünen Papageien leben inzwischen hier, wobei diese hohe Population dem Baumbestand zwar keinen Schaden zuführt, der Verbiss jedoch zu weit verzweigten Baumkronen führt. Auch extreme Kältegrade in den Wintermonaten machen den grünen Exoten nichts aus. In der Winterzeit kann man sie auch am besten beobachten, da sie sonst im grünen Laub kaum zu erkennen sind.